(Werbung, da Rezensionsexemplar)
Ein Sommerhaus in Norfolk, darin vier Personen, die sich nicht sonderlich gut kennen. Die schottische Schriftstellerin Ali Smith hat mit „Die Zufällige“ (bereits 2006 auf Deutsch erschienen) einen Roman geschrieben, in dem die Mitglieder der Familie Smart so intensiv mit ihren eigenen Sehnsüchten und Geheimnissen konfrontiert werden, dass nach diesem Urlaub nichts mehr so sein wird, wie zuvor.
Die Mutter, Eve, ist Schriftstellerin und steckt mitten in einer veritablen Schreib- und Sinnkrise, während Michael, ihr Lebensgefährte, der von Beruf Universitätsdozent für Literatur ist, mit seinen Studentinnen schläft und sich immer mehr in sein eigenes Klischee verwandelt. Magnus, der Sohn, fühlt sich für den Selbstmord einer Mitschülerin verantwortlich, und seine Schwester Astrid ist sowieso längst in einem ganz anderen Film unterwegs. Doch von einem Moment auf den anderen verändert sich das gesamte Gefüge, auch wenn der Roman erst nach und nach enthüllt, was hier genau geschieht: Denn plötzlich ist Amber da, eine fremde Frau, die Eve zunächst für eine von Michaels Bekanntschaften hält, aber in Wahrheit weiß niemand so recht, woher Amber gekommen ist und was sie im Schilde führt. Fest steht, dass sie im Leben eines jeden Familienmitglieds eine entscheidende Rolle zu spielen gedenkt, wenn auch auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Wer oder was ist Amber?
Amber schaut ganz genau hin und beobachtet, was um sie herum geschieht, bis sie schließlich soweit ist, um Eve, Michael, Magnus und Astrid einen Spiegel vorzuhalten, was eine ganze Reihe von Gefühlen, Gedanken und Handlungen in Gang bringt. Smith erzählt dabei jeweils aus der persönlichen Perspektive ihrer Hauptfiguren, sodass wir jede von ihnen gut kennenlernen, wobei jedoch das, was die Familie zusammenhält, ebenso fragil wie ungewiss bleibt. Amber selbst ist dabei bis zum Schluss ein großes Rätsel und die Antwort darauf, wer die junge Frau gewesen sein mag, ist vermutlich ebenso individuell, wie der nachhaltige Eindruck, den sie auch beim Leser hinterlässt. Ein großes, kurzweiliges Lesevergnügen, das mich dank der überaus klugen Beobachtungsgabe von Ali Smith auf ihre weiteren Romane gespannt sein lässt.
Ali Smith: Die Zufällige. Roman. Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Btb 2009 (dt. Erstfassung ist von 2006, das engl. Original von 2005). ISBN: 978-3-442-73869-4, 9,00 Euro. Hier der Link zur Verlagsseite des Buches.