Liebe Marion,
wir haben uns ja via Instagram kennengelernt und darüber bin ich sehr froh! Du hast dort einen Account namens @meermond und so heißt auch Dein Onlinemagazin aus und über Skandinavien, denn dort lebst Du nun bereits seit 9 Jahren.
Magst Du meinen Leser:innen ein wenig von Dir erzählen? Wer bist Du und wie bist Du in Norwegen gelandet?
Hej, ich bin Marion. Danke, dass ich meine Geschichte hier erzählen darf.
Als ich mit Familie und Freunden meinen 40. Geburtstag feierte, war das ein Abschiedsfest. Wir hatten uns 2014 dazu entschieden, unser Leben in Regensburg zu beenden und ein neues in Dänemark zu beginnen. Wir, das sind Alexander und unsere drei Kinder. Wir landeten in Nordjütland, wo wir ein sehr gutes Leben lebten: ein wunderschönes Haus mit großem Garten, Freunde, voll integriert und jede Menge Meer.
Und dann kam Corona.
Das führte zu großen Umwälzungen in der Firma, in der Alexander unser Familieneinkommen verdiente. Wir hatten auf einmal keine stabilen Zukunftsaussichten mehr in Dänemark und wir bekamen dort auch keine weiteren Möglichkeiten. Eine Lösung musste her. Sie kam aus Norwegen.
Da man in unserem Alter außergewöhnliche Chancen besser nicht mehr ablehnen sollte, verließ Alexander im Oktober 2021 das Land. Ich blieb mit den drei Kindern in Dänemark, da wir hofften, unser Haus zügig verkaufen zu können. Wir besitzen es bis heute …
Eigentlich wollte Alexander das Weihnachtsfest mit uns in Dänemark verbringen, doch dieses Leben war für alle eine große Belastung – vor allem für die Kleinen. Darum verließen die Zwillinge und ich Dänemark drei Tage vor Weihnachten. Unser großer Sohn ist dortgeblieben und studiert weiterhin in Aarhus.
In Deinem Onlinemagazin Meermond, das Du gemeinsam mit Deinem Mann Alexander betreibst, geht es nicht nur um persönliche Erfahrungen mit dem Auswandern, sondern um weit mehr: Es geht ums Reisen innerhalb Skandinaviens und was ich auch besonders spannend finde: um landestypische Traditionen und Gepflogenheiten. Wie würdest Du Meermond beschreiben und wer sollte sich dort mal umschauen?
Meermond ist deswegen ein Magazin, weil es eine bunte und inzwischen umfangreiche Sammlung ist. Ursprünglich hatte ich mich immer als Bloggerin bezeichnet und daher nannte ich Meermond Blog. Da sich nun auf Instagram viele als Blogger bezeichnen, obwohl das eine komplett andere Publikationsweise ist, wollte ich meine Arbeit davon ein wenig abheben. Es stecken unzählbare Stunden Schreibarbeit, viele Recherchen und inzwischen auch sehr viel Geld in Meermond.
Wer ein wenig tiefer in die Kultur, in die Landschaften und in ein Leben in Skandinavien eintauchen möchte, der wird dort viel Lesematerial und größtmögliche Sorgfalt und Liebe zu Sprache und Fotografie vorfinden. Gerne teile ich das Wissen, das ich mir in den nunmehr neun Jahren im Norden angeeignet habe. Zu den meistaufgerufenen Artikeln gehört die Umrechnungsliste von Deziliter auf Gramm oder die Beitragsserie „Was tun in …, wenn es regnet“. Ich kann tatsächlich an den Aufrufzahlen sehen, wann es in Blåvand oder in Blokhus regnet. Witzig, nicht wahr?
Neben dem Schreiben bist Du als Sprachlehrerin tätig – bist Du ‚ursprünglich‘ Lehrerin oder wie kam eins zum anderen?
Ich bin eine in Bayern ausgebildete Realschullehrerin. In Dänemark habe ich in einer Schule in Aalborg unterrichtet. Deutsch ist in Dänemark ein Pflichtfach und ich bin Deutschlehrerin. Seit ich mit Tamina Kallert im Fernsehen durch Nordjütland getingelt bin, kennen mich viele Deutsche als Dänemarkauswanderin. Ab da trudelten noch mehr Anfragen zum Auswandern oder zu Dänischunterricht ein. Ich begann, Onlinekurse zu geben. Als deutsche Muttersprachlerin kann ich die Hürden, die wir ins Dänische überwinden müssen, sowohl fachlich erklären als auch aufgrund persönlicher Erfahrung vermitteln. Ich unterrichte nur bis zum Niveau A2, denn dann macht es Sinn, sich nach einem dänischen Muttersprachler als Lehrer umzusehen und auf monolingualen Fremdsprachenunterricht umzusteigen.
Meine Kurse sind keine reinen Sprachkurse, sondern Sprach- und Integrationskurse. Hier gehe ich auf häufig gestellte Fragen über das Auswandern nach und das Leben in Dänemark ein.
Natürlich interessieren sich meine Leser:innen besonders auch für das Thema Auswandern, denn davon, so mein Eindruck, träumen so viele Menschen. Wie fing dieser Traum bei euch an und was war der ausschlaggebende Punkt, dass es dann tatsächlich ‚Klick‘ gemacht hat und ihr den Schritt gewagt habt?
Ich wollte schon immer in Skandinavien leben und hatte tatsächlich schon während meiner ersten Ehe Schritte in diese Richtung eingeleitet. Doch alles kam anders, diese Ehe zerbrach.
Als ich dann Alexander kennenlernte, riet ich ihm dazu, sich eine andere Frau zu suchen. Ich plante auszuwandern, sobald mein Kind erwachsen und unabhängig sein würde. Und wieder kam alles anders.
Erstaunlicherweise war es der Tod eines Menschen, der ein Umdenken in Alexander auslöste. Wenige Monate später verließen wir unsere Heimat.
Nach sieben Jahren in Dänemark ging es für euch weiter nach Norwegen. Magst Du davon erzählen, was euch dazu bewogen hat?
Wir mussten.
Eigentlich planten wir, nach Schweden zu gehen. Ich hatte sogar bereits angefangen, mich ins Schwedische einzuarbeiten. Doch es kam wieder alles anders. Es bot sich eine gute Chance in Norwegen – einem unser liebsten Urlaubsländer. Also schauten wir uns das mal etwas genauer an.
Während ich als Meermond freudestrahlend die dänische Insel Lolland vorstellte, präsentierte sich mein Mann im Campingwagen sitzend wichtigen Personen seiner jetzigen Firma. Unsere Reise begann quasi während einer Reise.
Seid ihr dort, wo ihr nun seid, angekommen, oder kannst Du Dir auch noch einen ganz anderen Ort zum Leben vorstellen?
Es ist superschön hier. Ich wohne in unmittelbarer Nähe zu Schweden und habe das als echt schönes Reiseland kennen- und lieben gelernt. Wir alle finden es richtig toll, dort Sonntagsausflüge hinmachen zu können. Auf beiden Seiten des Svinesunds ist es so schön, dass man es kaum glauben kann!
Nach Schweden ziehen wollen wir aber nicht, was inzwischen manch ein/e Follower/in vermutet. Ich habe keine Lust mehr auf einen kompletten Neuanfang.
Wir wohnen derzeit leider zur Miete im Umland von Fredrikstad, weil wir noch immer auf einen Käufer unseres Hauses in Dänemark warten. In Norwegen bekommt man auch als Familie mit Kindern fast durchweg befristete Mietverträge. Das ist richtig hart und zwang uns zu inzwischen drei Umzügen in Fredrikstad. Das zehrt an den Kräften. Aber irgendwann wird sich jemand in unser dänisches Familienhaus verlieben. Und dann werden wir (hoffentlich) ein letztes Mal umziehen. Innerhalb von Norwegen.
Was sollte man mitbringen, wenn man Auswandern möchte und wovon sollte man sich vielleicht vorsorglich schnell verabschieden?
Du möchtest also die Schattenseiten des Auswanderns erfragen. Diese Antwort würde viele Seiten füllen. Darf ich etwas stichpunktartig antworten?
- Auswandern ist auf Instagram romantisch. Jenseits der weichgezeichneten Bilder ist es anstrengend und auch nur Alltag.
- Man muss viel aufgeben und braucht eine Menge Willensstärke. Viele bewundern unseren Mut. Wir sind nicht mutig. Wir sind realistisch und bearbeiten die Aufgaben, die wir auf dem Weg zu unserer Lebensentscheidung erledigen müssen. Dazu gehört auch finanzielle und materielle Einschränkung.
- Auf einmal ist man Ausländer/in. Man ist von einem Tag auf den anderen von einer Kultur umgeben, die nicht die eigene ist: neue Gesten, neue Worte zwischen den Zeilen, neue ungeschriebene Gesetze uvm. Man muss Spielregeln lernen, die man noch dazu selbst herausfinden muss in einer Sprache, die man nicht vollumfänglich beherrscht. Die eigene Kultur wirft man nicht nach dem Auspacken der Umzugskisten ab.
- Das eigentliche Abenteuer beginnt nach dem Auspacken der Umzugskisten.
- Viele kehren innerhalb weniger Jahre wieder zurück.
- In Dänemark und Schweden bekommen Auswanderer Sprachunterricht, der zur Integration ins Arbeitsleben beitragen soll. Ohne Sprachzertifikat ist es sehr schwer, überhaupt Arbeit zu finden. Doch diese Kurse werden in der neuen Sprache vor einem internationalen Publikum abgehalten. Die individuellen Bedürfnisse oder sprachlichen Hürden der Lernenden können dort keine Berücksichtigung finden. Wie auch?
- Das neue Land hat perfekt ohne dich funktioniert und tut das auch weiterhin. Niemand hat genau auf dich gewartet. Das klingt richtig hart – und das ist es auch.
- Man muss die Sprache lernen. Am besten schon vorher. Mit Englisch kommt man nicht weit.
- Du wirst im neuen Land alles finden, was du brauchst. Vermissen wirst du ausschließlich die Menschen, die du liebst.
Dein Schreiben auf meermond und auf Deinem Instagram-Account strahlt ganz viel Freude und Zuversicht aus. Warst Du schon immer so ein positiver Mensch oder hat auch das mit getroffenen Entscheidungen zu tun?
Letzteres. Dass wir seit inzwischen 9 Jahren in Skandinavien leben dürfen, hat mich verändert. Das Leben hat eine andere Bedeutung für mich bekommen. Was ich in dieser Zeit alles erleben durfte – positiv wie negativ – vermag inzwischen Bücher und Filme zu füllen. Wie sollte mich dieses Wissen nicht glücklich machen?
In Skandinavien nehmen die Menschen Situationen und Gegebenheiten bereitwilliger an als ich das in Deutschland erlebt hatte. Hier werde ich weder ständig ungefragt belehrt noch kritisiert. Hier sind die Dinge und Menschen, wie sie sind. Und das alles inmitten einer Natur, die ich sehr liebe.
Zum Abschluss würde ich gerne noch wissen, was Du für die nächsten Jahre planst – denn Du wirkst auf mich so, als hättest Du unendlich viele Ideen!
Ich plane, all die Abenteuer „mitzunehmen“, die mir unser Leben noch bieten wird.
Ich danke Dir sehr für die Beantwortung meiner Fragen, liebe Marion!
Hej Marion. Det er fantastiske billeder og sider man har her har mulighed for at læse og følge med i.
Mange tak for det.
Bedste hilsener fra Ø.Brønderslev, Nordjylland/ Vendsyssel i Danmark.