Heute darf ich euch Anna familiengluecklandliebe vorstellen, die gemeinsam mit ihrer Familie einen Bauernhof bewirtschaftet und sich im Bereich der Bauernhofpädagogik fortbildet. Zudem ist Anna Mutter von drei Kindern und das ist längst nicht alles…
Erzähl doch mal – wie lebst Du und wie sieht ein ‚ganz normaler‘ Tag bei Dir aus?
Wir leben als fünfköpfige Familie in einem kleinen Dorf in Wittgenstein. An unserem Haus liegt auch gleichzeitig der Laden und die Werkstatt meines Mannes. Wir haben ein sehr großes Grundstück in Ortsrandlage, unsere Gebäude waren ursprünglich einmal eine Firma.
Morgens um halb sieben mache ich mich vier Tage die Woche auf den Weg nach Siegen zur Arbeit. Dort beginnt um viertel vor acht der Dienst im OP und geht bis 16.00 Uhr. Anschließend sammele ich die Kinder gegen 17.00 Uhr bei meiner Familie im Nachbarort ein, dort werden sie nach Schule und Kita und der Kleine noch komplett von meiner Mutter und Großmutter betreut.
Die Arbeit nach der Arbeit
Und dann beginnt die Arbeit nach der Arbeit. Alle Kleintiere müssen zu Hause versorgt werden: Hühner, Hasen und Katzen, um die Mutterkühe kümmert sich hauptsächlich mein Mann. Momentan braucht auch der große Garten viel Zuwendung, damit das Obst und Gemüse trotz der Trockenheit weiter wachsen kann.
Dann ist der Tag auch schon fast vorbei. Ich verbringe noch etwas Zeit mit den Kindern, wir Essen zusammen, kommen zuhause an und läuten den Feierabend ein.
Besonders im Sommer sind die Tage lang und voll mit zusätzlichen Arbeiten, die wir zu einem großen Teil am Wochenende verrichten, wenn die „normalen“ Jobs ruhen. Außerdem gehören durchschnittlich fünf 24 Stunden Bereitschaftsdienste im Monat zu meinem Alltag, die ich dann komplett im Krankenhaus verbringe.
Ihr lebt und arbeitet gemeinsam als Großfamilie auf dem Hof – wie funktioniert das zusammen?
Die Arbeit, wie wir sie täglich gemeinsam tun, funktioniert nur, wenn alle mit anpacken. Sei es der Schwiegervater, der zur Stallzeit noch mal nach den Kühen schaut, weil der Stall direkt bei ihrem Haus liegt, die Großmutter, die auch mit 81 Jahren mal noch im Garten mit anpackt, die Mutter, die auf die Kinder aufpasst, wenn ich mit meinem Vater die Hähnchen für unseren Eigenbedarf zerlege oder auch die Schwiegermutter, die gerne eines der Mädchen zum Übernachten einlädt, wenn ich Dienst habe.
Vieles funktioniert nur so, wenn auch nicht alles immer nur harmonisch abläuft. Auch bei uns gibt es ganz normale Generationenkonflikte. Da tut es auch mal gut, dass wir zwar alle irgendwie an einem Ort arbeiten, aber doch jeder für sich in einem eigenen Haus, an einem anderen Ort lebt.
Was sind die Vor- und Nachteile des Landlebens mit vielen Tieren?
Viele Tiere machen sehr viel Arbeit und auch ein riesiges Grundstück mit Nutzgarten und mit großem Wohn- und Arbeitsgebäude ist täglich eine Herausforderung.
Natur und Tiere
Gleichzeitig geben einem die Natur und auch die Tiere so unglaublich viel zurück. Die Tiere und der Garten versorgen uns mit Lebensmitteln. Die Natur erdet uns täglich. Wir können jeden Tag die Jahreszeiten hautnah spüren und wahrnehmen. Es gibt unglaublich viele kleine versteckte Orte direkt hinter unserem Haus zu entdecken, die einen immer wieder aufs Neue verzaubern können. Die Kinder haben jede Menge Freiheiten, übernehmen eigene Aufgaben und können mit der Natur eins sein.
Unterm Strich überwiegen daher die Vorteile und die Mühe lohnt sich in meinen Augen auf jeden Fall.
Beruflich hast Du Dich jedoch nicht immer mit Landwirtschaft beschäftigt, oder? Wie sah Dein beruflicher Weg bisher aus?
Mit der Landwirtschaft selbst hatte ich von zu Hause aus nicht viel zu tun. Ich hatte zwar in Kindertagen Verwandtschaft mit kleinbäuerlicher Landwirtschaft in der Nachbarschaft, aber bei uns zu Hause gab es außer einem große Gemüsegarten keine Tiere oder Land, das bearbeitet wurde.
Zur Landwirtschaft bin ich erst durch meinen Mann gekommen. Und nach und nach kamen zu den Mutterkühen im Nebenerwerb immer mehr Tiere und ein kleines Wäldchen.
Nach dem Abi habe ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht. Schon nach der Ausbildung wollte ich gerne in den OP, habe aber damals nicht direkt eine Stelle bekommen, sondern auf Station angefangen. Dort hat es mich allerdings nicht lange gehalten und ich habe stattdessen angefangen BWL zu studieren. 3 Semester und ein Kind weiter, suchte der OP in meinem alten Krankenhaus dann Verstärkung. Ich habe mich gegen das Studium und für meinen Herzensberuf entschieden und im OP angefangen. Es folgte zwischen Kind 2 und 3 die Fachweiterbildung zur Fachgesundheits- und Krankenpflegerin für den OP in Köln. Und so bin ich heute, nach inzwischen 8 Jahren, immer noch hier in Siegen.
Ließ sich Deine Arbeit im OP gut mit Deinen Kindern vereinbaren?
Ich konnte damals meine Arbeit im OP so gut starten, weil sich meine Großmutter (damals 73) dazu bereit erklärte auf meine, zu diesem Zeitpunkt 10 Monate alte, Tochter aufzupassen.
Als meine zweite Tochter geboren wurde, nahm ich dann ein Jahr Elternzeit und meine Mutter, deren eigene berufliche Wege sich inzwischen verändert hatten, stellte ich zur Betreuung meiner Kinder an.
So regeln wir das auch heute noch, was mir den Rücken gut freihält. Sonst wäre an Arbeiten in diesem Umfang nicht zu denken. Auch mein Mann übernimmt einen großen Part, wenn er morgens alle drei Kinder fertig macht und die Zeit während der Bereitschaftsdienste abdeckt.
In diesem Frühjahr hast Du eine Weiterbildung im Bereich der Bauernhoferlebnispädagogik gemacht – was kann man sich darunter genau vorstellen und gibt es bereits Angebote bei euch auf dem Hof dazu?
Die Bauernhoferlebnispädagogik hat ihre Ursprünge in den 90er Jahren in Norddeutschland bei Christine Hamester-Koch.
Sie hat damals angefangen, einmal im Monat Kindergruppen auf ihren Hof einzuladen und sie an den täglichen Arbeiten mit den Tieren und dem Hof teilhaben zu lassen und daraus ein zusätzliches, finanzielles Standbein für ihren landwirtschaftlichen Betrieb zu schaffen.
Über die Jahre wurde daraus die zertifizierte Weiterbildung zur Bauernhoferlebnispädagogik, an der auch ich dieses Jahr bei der Landwirtschaftskammer NRW teilnehme.
Während der Weiterbildung lernt man auf ganz unterschiedliche Weise, den eigenen Hof für andere zu öffnen und sie an den dort täglich anfallenden Arbeiten, dem Umgang mit den Tieren und dem allgegenwärtigen Lauf der Jahreszeiten teilhaben zu lassen.
Monatliche Treffen für Kinder…
Bei uns selbst habe ich jetzt mit regelmäßigen monatlichen Treffen für Kinder verschiedener Altersgruppen begonnen. Dort haben wir uns zum Beispiel spielerisch dem Thema Heuernte gewidmet und durch Spiele und Rallyes herausgefunden, welche Arbeitsschritte alle nötig sind oder wie die Gräser aussehen, aus denen Heu gemacht wird. Diesen Monat stehen die Hühner im Vordergrund und wir haben beim Zusammenstellen einer Hühnerpizza herausgefunden, was Hühner alles mögen und unsere Geschicklichkeit im Eierlauf geübt. Mit den älteren Kindern haben wir außerdem Schattenspender und Habichtverstecke aus Paletten gebaut.
Während unserer gemeinsamen Zeit gibt es immer auch Raum für spontane Ideen, sodass wir bei der Hitze viel Zeit am Bach verbracht haben, wo kleine Flöße gebaut wurden.
Deine Kinder sind sicher begeistert von dieser Neuausrichtung Deiner Arbeit, oder?
Tatsächlich freuen sich meine Kinder jedes Mal, wenn wieder ein Termin ansteht, weil ich dann auch gerne kleine kreative Gemeinschaftsprojekte einbaue, die ich schon immer gerne mal machen wollte, für die im Alltag aber oft die Zeit fehlt.
Welche Ideen hast Du zukünftig in diesem Bereich?
Ich möchte gerne meine Angebote für Kinder noch weiter ausbauen. Ich könnte mir z.B. vorstellen in den nächsten Sommerferien eine kleine Ferienbetreuung anzubieten.
Familienausflüge und Gemüsegarten
Auch möchte ich gerne noch für Familien ein Konzept entwickeln, sodass sie mal einen etwas anderen Familienausflug machen können. Und für die Erwachsenen könnte ich mir gut zum Thema Gemüsegarten die ein oder andere Veranstaltung in Zukunft vorstellen.
Meine Leser:innen sind sicher neugierig geworden – wo kann man sich über Dein/Euer Angebot erkundigen?
Momentan laufen die meisten Infos noch über meinen Instagram Account familiengluecklandliebe und über die gleichnamige Facebookseite, eine eigene Internetseite befindet sich im Aufbau.
Herzlichen Dank, liebe Anna, ich hoffe sehr, dass wir Deine Arbeit und Dich eines Tages persönlich kennenlernen können!
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