Gestern Abend hatte ich keine Zeit mir die Zähne zu putzen, geschweige denn mich abzuschminken und geschlafen habe ich die erste Hälfte der Nacht in Jeans und Pulli. Wie das kam? Ich habe die zwei Kleinen wie immer zuerst ins Bett gebracht, alles ging erstaunlich flott und ohne langes Hin und Her. Anschließend habe ich noch mit dem Schulkind den Ranzen für den heutigen Tag gepackt, ihm vorgelesen und danach wollte ich noch fix die Küche aufräumen, um dann noch vielleicht ein waches Stündchen mit irgendeiner Form medialer Beschallung zu verbringen. Doch als ich gerade die Spülmaschine einräumte, stand der Große neben mir und berichtete von diffusen Ängsten und das einzige, was helfen könnte, wäre, wenn er jetzt noch ein bisschen CD hören dürfte. Es war aber schon fast 21 Uhr, er hatte heute zur ersten Stunde Schule, also fiel die Antwort für ihn nicht günstig aus. Wir haben dann noch ein wenig diskutiert, aber irgendwann lag er wieder im Bett und auch die Angst war verflogen.
Nachdem ich dann den Fernseher auch ohne Fernbedienung, die der kleine Sohn heute Mittag geschrottet hatte, so eingestellt hatte, dass mich weder der Bachelor noch eines seiner Betthäschen lautstark anbrüllten, hörte ich leises Rauschen im Babyfon und fand eine weinende und verwirrte Tochter auf der Treppe, die sich ganz leise aus ihrem Bett geschlichen hatte, weil sie dachte, dass es schon morgens sei. Sogar ihre Hausschuhe hatte das Kind an! Ich war ziemlich gerührt und brachte sie wieder ins Bett. Gegen zehn Uhr war ich wieder im Wohnzimmer und ihr dürft raten: es krähte ein paar Minuten später der Nächste und krähen ist hier noch freundlich formuliert. Der kleine Sohn brüllte, die Schwester wachte auf, ich zog schnell alle Stecker und schnappte mir den Schreihals, der sich sofort auf die Körperhälfte legte, die nicht aus Babybauch besteht. Da lag ich jetzt also. Müde, genervt und ungewaschen und so richtig bequem sind dreizehn Kilo Riesenbaby auf der Schulter nun auch nicht. Die Nacht ging dann so weiter, dass ständig irgendwer wach wurde und gegen halb vier konnte ich vor Ärger kaum noch einschlafen.
Erstaunlicherweise habe ich den Wecker um 6 Uhr dann geflissentlich überhört und so wurde auch der Morgen eine einzige Hetzerei. Ich verwandelte mich wieder in dieses keifende und unaufhörlich Kinder antreibende Wesen, das ich selbst so gar nicht leiden kann und die Kinder erst recht nicht. Entsprechend fallen dann auch die Reaktionen aus und ich sollte es längst besser wissen: Immer dann, wenn ich es besonders gern schnell, schnell, schnell haben möchte, ist auch das Brot leer, der Turnbeutel noch nicht gepackt und eine Strumpfhose kann auf keinen Fall angezogen werden – wo kämen wir denn da hin? Naja, vielleicht pünktlich aus dem Haus, aber das Durchatmen gelang mir heute nicht und das lag an zweierlei Dingen: Wenn ich ständig keine Zeit habe, auch für die elementarsten Dinge nicht, dann werde ich sauer, fühle mich in die Enge getrieben und bin den Kindern gegenüber eine ziemliche Niete. Darüber ärgere ich mich gleichzeitig sehr und dann fällt mir ein, was ich heute alles noch so zu tun habe, zwischen Kinder wegbringen und Kinder abholen und das macht es natürlich nicht besser.
Als wir dann zusammen im Auto saßen, hatte ich mich wieder im Griff, die Kinder waren auch wieder gut drauf und wie es sich gehört, habe ich mich bei allen gebührend entschuldigt. Und als ich dann nach Hause kam und kurz darüber nachdachte, ob ich jetzt erst den Wäsche- oder doch lieber den Papierberg auf meinem Schreibtisch in Angriff nehme, entschied ich mich für keins von beidem, ging in den Garten, fotografierte Frühblüher und schrieb diesen Text. Natürlich habe ich jetzt noch weniger Zeit, um mein Tagespensum zu schaffen, aber das ist gerade völlig wurscht, denn immerhin stimmt jetzt die Laune wieder und zumindest heute wird hier keiner mehr gehetzt!
Eure Simone
Du bist einfach super. Davon („entschied ich mich für keins von beidem“) würde ich mir gern eine Scheibe abschneiden!
Oh, vielen Dank – das kann ich natürlich nur zurückgeben. Die Kehrseite davon ist, dass ich viel zu wenig schreibe. Aber das kommt sicher wieder, eines fernen Tages… Liebe Grüße, Simone