Anlässlich der gerade auf Instagram stattfindenden #KidsComicWeek, initiiert von Steffie @kleinerleser und Eliane @mintundmalve, möchte ich euch meinen Freund, Kollegen und Verleger Christian Bachmann vorstellen, der gleich mehrere sehr interessante Beziehungen zu Comics unterhält: Christian hat seine Doktorarbeit über Comics geschrieben, verlegt Bücher über Comicforschung in seinem Berliner Bachmann Verlag und natürlich liest er auch privat Comics – mit und für Kinder und auch ohne. Hier im Interview erzählt er von seinem Arbeitsalltag, spricht über Qualitätsunterschiede bei Comics und denkt über das Verhältnis von Comics zu anderen Büchern nach. Lest unbedingt mal rein, es lohnt sich!
(Das Titelbild hat Lars Banhold gezeichnet.)
Lieber Christian…
Du bist Literaturwissenschaftler, Comicforscher und Verleger – kannst Du uns beschreiben, wie Dein Arbeitsalltag normalerweise aussieht?
Einen gewöhnlichen Arbeitsalltag habe ich wie viele andere seit März 2020 nur noch ausnahmsweise erlebt, zumindest was den Umfang und die Arbeitszeiten angelangt. Im Grunde hat sich aber für mich wohl weniger durch die Pandemie geändert als für die meisten Menschen, denn ich arbeite seit über zehn Jahren im Home-Office. Statt mich in Cafés oder bei wissenschaftlichen Veranstaltungen mit Autorinnen und Autoren sowie anderen Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftlern zu treffen, wozu es hier in Berlin immer wieder Gelegenheiten gab, sitze ich nun noch mehr in meinem Büro. Umgeben von Bücherregalen arbeite ich (auch jetzt gerade) an meinem PC, schreibe, lese und gestalte. Währenddessen tobt mein älterer Sohn durch die anderen Zimmer und manchmal auch um mich herum. Es ist schön, so viel von seiner Familie zu sehen, aber auch anstrengend, denn zu meinen eigentlichen Aufgaben komme ich dadurch nicht so ungestört wie ich wollte. Als Inhaber eines wissenschaftlichen Kleinverlags publiziere ich jährlich etwa zwölf Bücher und ungefähr dreißig Bücher befinden sich parallel in unterschiedlichen Stadien ihrer Entstehung. Dazu lektoriere, korrigiere, setze, gestalte, verpacke, versende und koordiniere ich, versuche individuelle Wünsche, Budgets und Produktionsprozesse miteinander in Einklang zu bringen, so dass schöne und erschwingliche Bücher entstehen.
Als Literaturwissenschaftler bin ich selbst Autor und natürlich Leser. Im Rahmen einer großen Forschungsgruppe, die zwischen Bochum, Marburg und Köln angesiedelt ist, arbeite ich an satirischen Bildern und frühen Comics aus den USA, Deutschland und Österreich. Wegen der Pandemie kann ich dazu nicht wie geplant in die USA fliegen, um dort zu recherchieren, aber daran lässt sich für den Moment nicht viel machen. Zur Zeit entsteht eine neues Buch über den Zeitungscomic Little Orphan Annie von Harold Gray, der bis heute wegen seiner Musicaladaptionen und Verfilmungen bekannt ist. Dabei schaue ich mir an, wie der Comic als Zeitungscomic funktioniert, d.h. wie er in die Zeitung eingebettet wird, sich an ihre zeitlichen Rhythmen und strukturellen Vorgaben anpassen muss, und wie dies in zeitgenössischen Buchausgaben abgewandelt wird, die schon in den 1920er Jahren erscheinen. Die Chicago Tribune liegt digitalisiert vor und viele Buchausgaben konnte ich aus den USA importieren, es geht also auch unter ungünstigen Bedingungen voran!
Du hast mit einer Arbeit über Comics promoviert. Hast Du den Eindruck, dass Comics/Graphic Novels auch als Forschungsgegenstand in der Wissenschaft mittlerweile fest etabliert sind oder stößt man damit noch immer auf Widerstände?
Tatsächlich bin ich selbst nie auf Vorbehalte gestoßen, was aber sicher der Konstellation geschuldet ist, in der ich studieren und promovieren konnte. Von anderen habe ich in der Vergangenheit durchaus von konkreten Beispielen gehört. Während oberflächlich Comics in all ihren Formen m.E. durchaus im breiteren Forschungsdiskurs ‚angekommen‘ sind, sich beispielsweise Tagungen zu allen erdenklichen Themen gerne mit einem Beitrag über Comics schmücken, gibt es auf systemischer Ebene durchaus Hindernisse. Wer sich in Deutschland als Literaturwissenschaftler vorstellt und vornehmlich über Comics arbeitet, braucht sich – zugespitzt – keine ernsthaften Aussichten auf eine Berufung machen, weil die hiesigen Geisteswissenschaften noch der in meinen Augen irrwitzigen Idee folgen, Professorinnen und Professoren müssten ihr Fach in der ganzen Breite in Lehre und Forschung vertreten können. In diesem Zusammenhang wird dann durchaus honoriert, wer als Goethe-Forscherin oder -Forscher gelegentlich einmal über Comics dilettiert (da es in der Breite an Expertise mangelt, können die Qualität solcher Studien ohnehin nur wenige beurteilen), weil der Gegenstand als marginal betrachtet wird – andersherum gilt das jedoch nicht: Wer überwiegend über Comic arbeitet, sollte sich nicht einbilden, mit gleichem Recht über Goethe dilettieren zu dürfen. Das liegt nicht daran, dass Goethe schwerer zu verstehen wäre als Comics oder die Comicforschung weniger verzweigt wäre, sondern hat mit Wertschätzung zu tun, die sich auf der Ebene von Lehrstühlen, Instituten, Disziplinen niederschlägt. Ich habe Zweifel daran, dass jemand ohne intensive Spezialisierung auf Weltniveau forschen und lehren kann. Da Comicforschung hierzulande aber nicht als eigenständige Disziplin behandelt wird, fällt es schwer, eine universitäre Karriere darauf aufzubauen. In den Humanwissenschaften ist die hochgradige Spezialisierung anerkannter – wir erleben ja seit etwas mehr als einem Pandemiejahr beispielhaft wie wenig sich ernstzunehmende Virologinnen und Virologen zu infektiologischen Themen oder Public-Health-Fragestellungen äußern können und vice versa. Breite Anerkennung – und das heißt letztlich Diversität – kann es nur geben, wenn die Geisteswissenschaften individuell spezialisierter und damit aber insgesamt breiter aufgestellt werden. Das kostet dann natürlich Geld.
Außerhalb der Wissenschaft, stoße ich gelegentlich auch heute noch auf Ablehnung von Comics, wahlweise auch von Manga (mit denen ich mich nicht auskenne). Sie gründet vor allem auf Unkenntnis. Vielleicht wurde einmal etwas Abwertendes aufgeschnappt, vielleicht trotzdem einmal ein wenig in Comics gelesen und nun bildet sich auf dieser unzureichenden Basis eine nicht belastbare Meinung, die nicht einmal im Ansatz abbildet, was es alles an Comics gibt. Niemand würde ‚die Literatur‘ als Ganze verwerfen, weil es Groschenromane gibt oder weil auch faschistische Hetzschriften aus Wörtern bestehen – bei Comics lässt sich jedoch genau das gelegentlich noch beobachten. Es wird aber besser.
Würdest Du also sagen, dass Comics lesen dem Lesen von Büchern, die gemeinhin als wertvoll gelten, in nichts nachsteht? Und woher kommen diese Vorurteile und die Skepsis eigentlich: Gibt es dafür eine halbwegs sachliche Erklärung?
Ich habe schon manches Kinderbuch der Altpapiersammlung überantwortet, weil es als Kind einer vergangenen Zeit vielleicht akzeptabel war, in einer fortschrittlichen Gesellschaft aber bestenfalls noch ein Schulterzucken provoziert. Wenn ich sicher bin, dass solche Bücher in einem Archiv für Kinder- und Jugendliteratur zur Erforschung aufbewahrt werden, entsorge ich sie guten Gewissens. Es gibt so viele gute Kinderbücher, dass ich keine Aufmerksamkeit und keinen Platz für schlechte erübrigen muss. Bei Comics ist das nicht anders: Es gibt brillante ebenso wie unterdurchschnittliche. Wie bei der Literatur im engeren Sinne, wo es im Meer von ‚Massenschreibware‘ Leuchttürme gibt, die wir hegen, gibt es auch im weiten Feld der Comics Klassiker, die das Potential haben, noch in Jahrhunderten gelesen zu werden, und solche, die mit Mühe das Jahr überdauern, in dem sie erschienen sind. Comics also, die uns helfen, Antworten zu finden auf Fragen danach, was wir wissen können und wie, was wir tun sollen und hoffen dürfen, was der Mensch eigentlich ist. Können wir von irgendeinem Medienprodukt mehr erwarten (außer einer guten Dosis Unterhaltung!)?
Als sich im deutschsprachigen Raum die bis heute nachklingende Meinung zu Comics gebildet hat, in den 1950er Jahren nämlich, in denen Comic-Scheiterhaufen errichtet wurden, wie wenige Jahre zuvor noch für „schädliches und unerwünschtes Schrifttum“, hatte kaum jemand einen ernsthaften Überblick über Comics. Zum einen war die Bandbreite der Comics thematisch und ästhetisch noch eingeschränkt, zum anderen war in Europa nur wenigen geläufig, was in den USA 50 Jahre zuvor in den Zeitungen lief und davon auch nur ein Teil. Mit Macht wehrte sich die Gesellschaft gegen „Schmutz und Schund“ und wollte die Jugend um jeden Preis beschützen. Seit den 1960er Jahren hat die Breite dessen, was in Comicform erzählt und gezeigt wird, aber stetig zugenommen und heute gibt es kein Thema, das nicht behandelt würde. Künstlerische und erzählerische Qualität schwanken, aber wer einen Blick riskiert, wird viel Bemerkenswertes und Schönes finden.
Medien nehmen entscheidenden Einfluss auf unser Leben, daran habe ich keinen Zweifel. Und heute mehr als jemals zuvor sind wir nicht nur dem vielgescholtenen Überfluss von Medien ausgesetzt, wir können auch aus einer Vielzahl verschiedener wählen. Ein kompetenter, kritischer und letztlich auf ganz verschiedene Weisen bereichernder Medienkonsum sollte meines Erachtens ›ausgewogen‹ sein. Damit meine ich, dass es hilft, selbst zu erfahren, wie unterschiedliche Medien erzählen, vertexten, wirken – wie sich herausragende Beispiele der jeweiligen Medien zu weniger fantastischen verhalten und wie sich die Medien miteinander vergleichen lassen. Lesen wir zum Beispiel nur Wörter, bleibt uns womöglich das faszinierende Wechselspiel von Wort und Bild verschlossen. Alle Medien haben ihre eigenen Wege gefunden und sind keineswegs austauschbar. Ich selbst versuche deshalb einen Medienmix beizubehalten, der literarische Texte, meist in Buchform (gerade Tausendundeine Nacht – ich bin in der 276. Nacht), Zeitschriften, Bilderbücher, Computerspiele, diverse schriftbasierte und audiovisuelle Internetangebote, Serien, und eben auch verschiedene Arten von Comics umfasst. Sie alle haben unterschiedliche Ziele, Wirkungen und Funktionen. Mir scheint, den passenden Mix muss dabei jede und jeder selbst finden und reflektieren. Das lässt sich scherzhaft vielleicht Medien-Mindfulness nennen, sinngemäß sollte jeden Medienkonsum die Frage flankieren: Warum ist welches Medium gerade genau das richtige für das, was damit erreicht werden soll? Ganz gleich, ob der Zweck Bildung, Unterhaltung, Wissenserwerb usw. ist.
Hast Du schon immer gern Comics gelesen oder wie kam es zu dieser Vorliebe?
Tatsächlich hatte ich nach meiner frühen Kindheit das Interesse an Comics – damals Lustige Taschenbücher, Gespenstergeschichten und ein paar französische Comicserien aus der Bibliothek – völlig verloren. Ich bin mit einem Commodore C64 aufgewachsen und spätestens mit dem ersten Familien-PC (mit einem Intel Pentium-Prozessor mit 60 MHz, für die, denen das noch etwas sagt) war ich kaum noch davon wegzubekommen. Für Comics war neben der atemberaubenden Entwicklung der Computerspiele in den 1990ern kein Platz. Erst im Studium bin ich durch ein Seminar zu Literaturcomics auf das Thema wieder aufmerksam geworden und war spontan begeistert von der Vielfalt und den ästhetischen Möglichkeiten der Verbindung von Bild und Schrift. Ich bin bis heute kein Comic-Fan in dem Sinne, dass ich einzelnen Künstlerinnen oder Künstlern fanatisch folgen würde, ihre Stile auf zehn Kilometer gegen den Wind erkennen könnte und alles über ihre liebste Zeichentusche wüsste. Mich interessieren Comics als Gegenstände, die ich erforschen kann und die mir dabei Widerstände entgegensetzt, die durch Analyse zu überwinden sind. Wenn es ab morgen keine neuen Comics mehr gäbe, wäre das zwar sehr traurig – schon, weil einige Comiczeichnerinnen und -zeichner aus meinen Kreisen, dann keine Arbeit mehr hätten –, ich selbst hätte aber mit dem, was schon da ist, noch endlos zu tun. Die historische, thematische, ästhetische und mediale Bandbreite der Comics ist immens und bislang bin ich ihrer nicht überdrüssig geworden!
Du bist auch Vater – schaust Du mit Deinem Kind gemeinsam Comics an oder doch eher ‚klassische‘ Bilderbücher?
Zunehmend denke ich, dass ich vor allem Vater bin und sich die anderen Aufgaben dahinter einordnen müssen – das ist eine Erkenntnis aus der Covid19-Pandemie (oder vielleicht auch ein Sinneswandel). (Vor-)Lesen gehört für mich zur Vaterschaft dazu und zum Glück sieht mein Vierjähriger es genauso, deshalb lesen wir eigentlich jeden Tag. Sind wir unterwegs und müssen uns auf Wartezeiten einrichten, stecke ich meistens eine Handvoll kleiner Büchlein ein: In der Regel sind das illustrierte Geschichten oder Sachtexte. Zuhause ist die Lesekost ausgewogener. Zum Einschlafen lese ich Prosa vor, im Augenblick die Drei lustigen Gesellen von Eno Raud, davor Märchen aus Deutschland und Afrika. Bin ich zu müde, um vorzulesen, gibt es eine Folge Ohrenbär, den ich selbst als Kind schon mochte, oder den Podcast Süßes oder Saurier vom Berliner Naturkundemuseum. Seit Kurzem werde ich beinahe gezwungen, fast jeden Abend zum Zähneputzen die gleiche kurze Geschichte vorzulesen, die wir zuerst auf einfachvorlesen.de entdeckt und inzwischen als Buchausgabe gekauft haben. Die Seite ist sehr nützlich, da die Texte dort aber weitgehend unformatiert und oft voller Satzfehler sind, lese ich daraus nur vom Handy vor. Das ist ganz praktisch, wenn gerade kein physisches Buch zur Hand ist, oder die Lichtverhältnisse nicht gut sind.
Tagsüber gibt es Bilderbücher, Comics und alles, was meinem Sohn sonst noch in die Finger fällt. Wir mögen hier zum Beispiel fast alles von Beltz Gelberg und vom Moritz Verlag, haben als Ost-West-Familie aber auch noch viele Bücher aus der DDR. Während mein Sohn Comics gerne vorgelesen bekommt – wir haben anfangs der Pandemie mehrere Reihen komplett erstanden –, lese ich sie nicht sehr gerne vor. Comics sind auf doppelt Weise hybride Medien: Zum einen verwenden sie Bilder und Schrift gemeinsam, zum anderen sind sie zugleich narrativ und szenisch, dass heißt sie erzählen nicht nur, sondern stellen Handlung auch dar. Das ist einerseits eine Stärke, denn dadurch bieten sie Kindern Gelegenheit, selbst nachzuerzählen, was sie auf den Bildern sehen, was Beobachtungsgabe und Ausdrucksvermögen fördert, gleichzeitig finde ich es mühsam, die direkte Rede in Sprechblasen immerzu den Figuren zuordnen zu müssen. Wer aber gerne selbst szenisch liest, vielleicht die Figuren mit verschiedenen Stimmen zum Leben erweckt, findet in Comics eine tolle Vorlage dafür. Und für die anderen gibt es auch Comics ohne Worte wie Céline Fraiponts und Pierre Baillys Kleiner Strubbel. Die Auswahl an Kinder-Comics wird in den letzten Jahren immer größer und die Themenvielfalt breiter. Besonders schön und für kleine Kinder besonders zugänglich, finde ich Bücher, in denen Sachinformationen von einer Geschichte gerahmt werden. So erfahren wir in Frédéric Brrémauds und Federico Bertoluccis Eine kleine Reise aus erster Hand von einem Eichhörnchen und einem Hündchen, welche Tiere im Wald leben. Martin Baltscheit und Anne Becker verbinden in Der kleine Mann aus dem Eis den ‚Ötzi‘ und seine Lebenswelt mit Washington Irvings Geschichte Rip van Winkle, um uns das Leben in der Steinzeit näher zu bringen und das in unserer eigenen Zeit zu befragen. Prodesse et delectare (nützen und erfreuen) wundervoll vereint.
Demgegenüber steht aber auch eine Menge schwacher Comics für Kinder, die dürftig gezeichnet und noch schlechter erzählt sind – viele davon in Zeitschriften, die in Lizenz einschlägiger Spielzeugfirmen herausgebracht werden und in großer Zahl an Kiosken (Buden, Spätis, Trinkhallen …) oder im Bahnhofsbuchhandel angeboten werden. Die Geschichten darin sind wenig mehr als ein Feigenblatt für den Kauf eines Spielzeugs. Schlechte Comics möchte aber wohl niemand dauerhaft lesen, genauso wenig wie schlechte Prosa oder schlechte Bilderbücher. Dann doch lieber ein gutes Spielzeug ohne Brimborium.
Abschließend vielleicht noch ein Tipp von Dir: Was können Eltern tun, um ihren Kindern die Freude an Büchern zu wecken bzw. wach zu halten?
Es steht mir nicht wirklich zu Tipps zu geben, denn ich bin kein Experte auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur, noch weniger der Kinder- und Jugendpsychologie. Dazu müsste mehr gesagt werden, als in einem Interview möglich. Vielleicht kann ich aber an das zuvor gesagte anknüpfen: Eltern, die ihre Kinder zum Umgang mit Printmedien ermutigen möchten, sollten selbst ein einigermaßen gutes Verständnis dafür haben, welche davon lohnenswert sind, denn eine mit der heißen Nadel gestrickte (geschriebene, gezeichnete) Geschichte wird vielleicht noch ein Kleinkind unterhalten, ein etwas älterer Kindskopf wird ihr aber nichts mehr abgewinnen können. Eine literaturwissenschaftliche Grundausbildung ist sicher nicht erforderlich (obwohl sie zweifellos hilft), aber ein gutes Gefühl dafür, welche Geschichten gut gemacht sind – ganz gleich ob in Wort oder Bild –, hilft ungemein (dabei) gute Bücher auszuwählen.
Zum Leben erweckt werden die Bücher aber zuerst von den Erwachsenen. Wir müssen sie beleben, damit sie ihre Wirkung auf die Kinder (und uns) entfalten können. Lebendigkeit scheint mir absolut zentral zu sein für ‚passive‘ Medien wie das Buch. Einem Buch Leben einhauchen, erfordert Zeit und ein Quäntchen Hingabe, wovon wir Eltern im Alltag nicht immer genug haben. Wir sollten uns aber vielleicht immer wieder daran erinnern, dass Bücher mit Leben gefüllt werden müssen, damit Kinder lernen können, sie in ihrer Vorstellung selbst lebendig werden zu lassen. Wählen wir selbst gute Bücher aus, haben wir mehr Freude daran sie vorzulesen – und so wird Lesen für alle zu einem Erlebnis.
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