Gerade öffnete ich die Schwangerschaftsapp auf meinem Handy und das nach vielen Wochen, in denen ich dieses weitestgehend überflüssige Tool schon fast vergessen hatte. Aber jetzt hielt ich kurz inne, denn dort stand eine Zahl, die mir anzeigte, dass meine Schwangerschaft noch hundert Tage dauern würde. Selbstverständlich ist der errechnete Termin nur ein ungefährer Wert, aber doch nicht ohne Bedeutung, denn er markiert immerhin den Zeitraum, in dem die Geburt mit einiger Wahrscheinlichkeit stattfinden wird. Beim Betrachten der Zahl wusste ich jedenfalls nicht gleich – weiß es eigentlich noch immer nicht -, ob das nun viel oder wenig Zeit ist, aber ich erinnerte mich daran, was ich in der letzten Schwangerschaft vor zwei Jahren getan habe: Genau bei 100 Tagen bis zum ET habe ich ein Schwangerschaftstagebuch begonnen, in dem ich mich darum bemühte, so frei wie möglich darüber zu schreiben, wie sich das Schwangersein und das besonders spannende dritte Trimester tatsächlich für mich anfühlten. Wenn ich in die besagte App schaue, dann steht da schon vorgeschrieben, wie es mir in dieser oder in der nächsten Schwangerschaftswoche gerade gehen könnte. Welche kleinen oder auch größeren Beschwerden ich womöglich gerade durchmache und sogar, wie sich das wiederum auf das Gemüt meines Partners auswirken könnte. Dass solche pauschalen Informationen, die mir noch dazu teilweise fragwürdig erscheinen, wenig Aussagewert für das persönliche Erleben einer Schwangerschaft haben, ist klar, aber dennoch ist es an manchen Tagen wirklich nicht leicht gewesen, die richtigen Worte für das zu finden, was ich dachte, fühlte, gerne wollte, vermisste oder um das ich mich ich sorgte.
Daher sind diese ‚noch hundert Tage‘ für mich ein kleiner Meilenstein, den ich zum Anlass nehmen möchte, auch auf dem Blog künftig mehr über meine vierte Schwangerschaft zu schreiben. Dass das bisher nur am Rande geschehen ist, war keine bewusste Entscheidung, sondern bildet ganz gut ab, wie es sich auch in meinem Alltag verhält: Ich spüre unser Baby täglich sehr deutlich und denke auch viel an das kleine Wesen in meinem Bauch, aber noch immer recht abstrakt. Auch die Geburt war für mich noch in ganz weiter Ferne, aber das beginnt sich langsam zu wandeln, auch weil ich meinen Bauch deutlicher spüre, die Kurzatmigkeit zugenommen hat und sich mein Rücken spätestens abends so anfühlt, als sollte ich mein Schwangerschaftsyoga-Programm dringend wieder viel häufiger aufnehmen, als einmal die Woche. Auch geschwommen bin ich sonst sehr gerne, aber bis heute fehlte mir dazu meist die Zeit.
Vorhin habe ich mir dann das ‚alte‘ Schwangerschaftstagebuch zur Hand genommen und mich sofort festgelesen, da so viele Erinnerungen wach wurden, die ich selbst in dieser verhältnismäßig kurzen Zeitspanne schon wieder vergessen hatte. Am 03. Mai 2017 steht dort: „Ich sitze am Küchentisch, das Haus ist ganz still. Wird das heute in einer Woche auch noch so sein?“ Genau eine Woche später war das Haus ganz und gar nicht mehr still, denn plötzlich wohnten hier nicht mehr vier, sondern fünf Menschen. Und wenn ich daran zurückdenke, mir den Geburtsbericht noch einmal durchlese und plötzlich wieder erahnen kann, was ich in ungefähr hundert Tagen hoffentlich wieder auf ganz ähnliche Art und Weise erleben werde, dann kribbelt es plötzlich gewaltig: Vorfreude, Gespanntheit und Neugier treffen auf leise Sorgen, die ich so klein wie möglich halten möchte. „Schaffe ich das nochmal?“ ist die Frage, die mich umtreibt und die ich immer dann mit einem deutlichen „Ja“ beantworten kann, wenn ich die Angst vor der Angst verbanne – bevorzugt auf Papier.