Woche Sieben, wow. Wenn ich das so schreibe, dann bekommt das Ganze nochmal eine neue Dimension und ich bin erstaunt und erschrocken zugleich über die Länge des Zeitraums, den wir nun schon so leben, wie wir es gerade tun. Wir stehen auf, frühstücken, manchmal muss Jan aushäusig arbeiten, an anderen Tagen im Home-Office. Bis ich die Kinder und mich fertig gemacht habe, vergeht eine halbe Ewigkeit und meist dürfen sie schon morgens ein wenig Fernsehen, damit ich Kaffee Nr. 2 halbwegs heiß trinken kann. Ich wechsle Windeln, sauge schnell durch, mache wenigstens die Waschbecken sauber, schmeiße eine Maschine Wäsche an und spüle Milchfläschchen. Ich wische Krümel weg, checke meine Mails und beantworte höchstens jede zweite. Ich gehe die Homeschooling-Aufgaben des Tages einmal durch und dann bemühe ich mich um etwas Ruhe für den großen Sohn, der seine Schulsachen glücklicherweise sehr eigenständig erledigt. Die kleine Tochter muss schlafen, alle haben Hunger und meist schaffe ich es mittags noch nicht einmal Kartoffeln zu schälen und Gemüse zu schneiden, da die Zeit immer knapp ist und dann gibt es halt irgendwas mit Nudeln.
Wir essen und irgendwann am Nachmittag haben wir es dann in den Garten geschafft, wo gefühlt seit Wochen kein Tropfen Regen gefallen ist. Irgendwie ist jetzt im April schon Sommer und für die Pflanzen und Wälder ist das eine Katastrophe, aber für die Stimmung bei uns zu Hause die Rettung. Die Kinder fetzen sich um jede noch so winzige Kleinigkeit (Größe oder Form der Apfelstücke), es gibt Geschrei und ein Donnerwetter meinerseits, das schon fest zum Tag dazuzugehören scheint und das leider keiner mehr so wirklich ernst nimmt. Doch danach wird es wie von Zauberhand besser: Drei Kinder auf dem Trampolin, die sich in Gestaltwandler-Tiere hineinspielen, während ein Baby im Kinderwagen einschläft und ich tatsächlich ein paar Seiten lesen kann, bis ich irgendwo gebraucht werde.
Jeder Tag ist gleich?
Jeder Tag ist momentan gleich, doch wir sind es ganz und gar nicht. Wir warten und fragen uns, wir stellen Prognosen und Schätzungen an und sind doch eigentlich überzeugt davon, dass das hier dauern wird. Ich schüttle den Kopf und kann kaum glauben, dass da draußen die Innenstädte voll sind und dass jeden Tag die Rufe nach weiteren Öffnungen und Lockerungen lauter werden, während doch die Menschen, die als einzige wissen, womit wir es hier ungefähr zu tun haben, eine ganz andere Sprache sprechen.
Meine Lebenswelt hat gerade wenig mit der da draußen zu tun, denn wir leben von Tag zu Tag in unserem winzig kleinen Mikrokosmos. An manchen Tagen möchte ich davonlaufen, laut schreien und Kissen verprügeln, denn das kann doch alles nicht sein. Und dann, am nächsten Tag, läuft ein Lied im Radio, das einem der Kinder gut gefällt und wir drehen die Musik so laut auf, dass wir unser eigenes Gegröle nicht hören, essen ganz viel Wassereis und sind so entspannt und fröhlich miteinander, dass ich kurz denke, dass das gerne noch weiter so bleiben kann. Doch schon im nächsten Moment bedaure ich diesen Gedanken, denn auch, wenn wir es zwischendurch alles ganz gut hinkriegen und manches davon sogar genießen, so dürfen wir auf keinen Fall Ursache und Wirkung verwechseln und dazu übergehen, einen Ausnahmezustand zu glorifizieren, der gerade so, so viele Menschen das Leben kostet und es anderen zumindest sehr schwer macht.