Es ist weiterhin Krieg, aber Angst und Sorgen lasse ich nur am Abend zu. Meistens dann, wenn ich im Bett liege und eigentlich schlafen will und sollte, aber man kennt das… Dann kommen sie, all die am Tag angehäuften, verdrängten, aber gerade deswegen noch lauernden Gedanken und Bilder.
Mit dem großen Sohn sprechen wir täglich über die Ereignisse, denn auch bei ihm in der Schule ist der Krieg ein großes Thema: In Philosophie und Erdkunde wurde darüber ausführlich gesprochen, am Mittwoch gab es eine Friedenskundgebung auf dem Schulhof und es werden Spendenpakete angenommen. Die kleineren Kinder bekommen das Ganze noch nicht mit und darüber bin ich ehrlich gesagt auch froh, denn ich lasse sie gern in ihrem Glauben an eine gute und gerechte Welt – so lange, wie es irgendwie geht.
Allmorgendlich Nachrichten
Allmorgendlich checke ich nun zuerst die Nachrichten aus der Ukraine und erst an zweiter Stelle die irrsinnig hohen Coronazahlen. Es gibt offenkundig so vieles, um das wir uns gerade sorgen sollten, aber tagsüber poste ich Blumen und Kuchen bei Instagram, weil Schönheit – bzw. das, was ich darunter verstehe – mir hilft, um nicht zu versinken. Ich habe vier Kinder, die zwei schwierige Jahre hinter sich haben, und ich setze alles daran, dass sie jetzt gerade gut in den Tag und ebenso aus ihm herauskommen.
Zudem bin ich schwanger – trage also ganz buchstäblich etwas Zukünftiges in mir und da muss ich mich in Bezug auf die schlimmen Dinge einfach beherrschen. Und auch, wenn ‚normal weitermachen‘ angesichts des Leidens anderer manchmal furchtbar oberflächlich und banal wirkt – das ist es, so glaube ich, oft gar nicht, aber ich möchte mein Leben und Denken nicht von den Allmachtsfantasien eines in der Zeit stecken gebliebenen Diktators vergiften lassen. Hinschauen werde ich selbstverständlich weiterhin, und auch mein Fühlen habe ich nicht wirklich gut unter Kontrolle, bin aber überzeugt, dass gerade das wichtig ist: Mitverfolgen und dranbleiben, nicht die Aufmerksamkeit verlieren, auch wenn es leider lange dauern kann.
Eine neue Sprache
Ich habe gestern einen Artikel in der Zeit von Nino Haratischwili gelesen, deren Roman „Das mangelnde Licht“ ich gerade beende. Ich kann euch diesen Text über eine dringend erforderliche neue Sprache gegenüber Putin sehr ans Herz legen, denn die aus Georgien stammende Schriftstellerin weiß, wovon sie schreibt.
Ich wünsche euch allen einen guten Tag und hoffe sehr, dass die nächsten Wochen endlich bessere Nachrichten für uns alle bereithalten.
Wie geht es euch denn gerade und wie geht ihr mit der Situation um?
Eure Simone