Ich hatte mal einen Freund, den ich wirklich toll fand – bis auf diese eine Sache: In ein soziales Netzwerk (StudiVZ), das nach seinem Lebensmotto fragte, schrieb er folgenden Satz: „Hauptsache die Sonne scheint.“ Nachdem ich das gelesen hatte, täuschte ich eine Erkältung vor, sagte unser eigentlich geplantes Treffen ab und musste nachdenken. Konnte ich wirklich, während ich mich gerade durch die französischen Existenzialisten las, mich für sehr ernsthaft hielt und keine Diskussion über Leben und Tod ausließ, mit jemandem zusammen sein, der nicht nur so aussah, als würde er den ganzen Tag an einem kalifornischen Strand rumhängen, sondern genau das auch noch für besonders erstrebenswert hielt?
Es stellte sich heraus: Ich konnte, und wenn ich heute an diese lang zurückliegende Episode zurückdenke, dann deshalb, weil er ein bisschen Recht hatte. Während ich hier, in Woche Vier unserer landesweiten Isolation, vor einigen Tagen noch die Wände hochging, weil mir kein Fitzelchen Zeit mehr selbst gehörte, ich überhaupt nichts schaffte, außer den alltäglichen Aufgaben und Verrichtungen, so ist das nun anders: Ich schaffe zwar noch immer nicht mehr und habe meine Sehnsucht danach, auf die ein oder andere Art produktiv zu sein auch erstmal ad acta gelegt, aber dennoch ist es viel besser. Und warum? Schlicht und ergreifend, weil wir jeden Tag viele Stunden draußen im Garten verbringen, weil die Wäsche draußen trocknet, die Kirschbäume endlich in rosa und weiß blühen, ich Schuhe ohne Socken trage, meine Haut nach Sonnencreme riecht und die Haare der Kinder nach dieser unwiderstehlichen Mischung aus Sonne, Staub und Wassereis.
Es ist zwar noch lange nicht Sommer, aber die letzten Tage haben sich schon ein wenig so angefühlt und zusammen mit der lauen Luft kam auch ein gutes Stück Leichtigkeit herbei. Wir essen vormittags Kuchen, gucken viel weniger auf die Uhr und machen das, was wir möchten (und was geht) am besten sofort und teilen uns oft auf mit den Kindern, denn so ist die Chance deutlich größer, dass hier alle mal das machen können, was sie gerne wollen. Trotzdem bin ich natürlich weiterhin sehr gespannt auf das, was die Ministerpräsidenten gemeinsam mit der Bundesregierung in der nächsten Woche beschließen werden. Ich sehe den Betrieb in Kindergärten und Grundschulen weiterhin nicht in greifbarer Nähe, aber vielleicht gibt es ja bald einen ungeahnten Hoffnungsschimmer in Form vielversprechender Zahlen und Prognosen.
P.S.: Ich habe übrigens weder den Existenzialisten noch der Ernsthaftigkeit abgeschworen, aber auch im Liegestuhl kann man sich ganz hervorragend Gedanken machen.